Neues Bankhaus in St. Michael. Mitten im Markt wird im Herbst 1969 das neue Haus der Raiffeisenkasse St. Michael eröffnet. Über den genauen Ort des Neubaus hatte sich eine vehement geführte Debatte entwickelt: Manche wollten einen Neubau an der Ortsumfahrung in der Au, andere wiederum direkt im Ort. Die Chronik des Jahres 1964 vermerkt dazu: „Das neue Bankhaus soll in der Ortsmitte erstehen und genauso wie in Wien der wertvollste Platz auch der teuerste ist und um den Stephansdom liegt, wird wohl auch in St. Michael dieser Platz bei der Kirche liegen müssen.“
Neues Bankhaus in Mauterndorf. An der Stelle das alten Lebzelterhauses, das abgetragen wird, errichtet die Raiffeisenkasse Mauterndorf gemeinsam mit der Marktgemeinde ab 1966 „ein modernes zeitgemäßes Bankgebäude“, wie die Chronik vermerkt. Die Eröffnung erfolgt 1967 und damit im Jahr der 750-Jahr-Feier der Markterhebung Mauterndorfs.
Fusion von Muhr und St. Michael. Die Generalversammlungen beschließen, die Raiffeisenkassen Muhr und St. Michael zur „Rationalisierung des Geschäftsbetriebs und der Verwaltung“ zusammenzulegen. Die Chronik ergänzt: „In der Praxis hat sich die Verschmelzung problemlos vollzogen, weil es nicht die Gründe allein waren, die das Protokoll anführt, sondern auch eine personelle Zwangslage.“ Es fusionieren zwei Raiffeisenkassen auf Augenhöhe, das Vermögen beider ist etwa gleich hoch.
Gründung der Landwirtschaftlichen Lagerhausgenossenschaft Mariapfarr. Die in der Raiffeisenkasse Mariapfarr seit über einem Jahrzehnt diskutierte Trennung von Geld- und Warenverkehr wird mit der Gründung der Landwirtschaftlichen Lagerhausgenossenschaft umgesetzt. Geschäftsführer beider Genossenschaften ist der bisherige Geschäftsführer der Raiffeisenkasse, Josef Grießner.
Ein Hin und Her zur „Maschinenstation“ der Raiffeisenkasse St. Michael. Trotz des dringenden Rats der externen Revision, ihre „Maschinenstation“ zu schließen, da diese ein jährliches Verlustgeschäft für die Raiffeisenkasse St. Michael darstellt, wird bei der Vollversammlung 1957 einstimmig beschlossen, diese weiter auszubauen mit dem Ziel, die landwirtschaftlichen Betriebe in der Gemeinde mit Leihtraktoren und Leihmaschinen zu unterstützen – trotz des erwartbaren Minusgeschäfts. Erst als 1962 und nochmals 1963 ein Oberrevisor darauf beharrt, dass das Geldgeschäft das verlustbringende Warengeschäft nicht weiterhin finanzieren dürfe, wird die „Maschinenstation“ aufgelassen.
Der „Mauterndorfer Fünfziger“. Zu besonderen Ehren kommt Mauterndorf in der 1956er-Serie der österreichischen Banknoten: Sie zeigt auf der Vorderseite den Botaniker Richard Wettstein und auf der Rückseite die Burg Mauterndorf. Der „Mauterndorfer Fünfziger“ wird zwischen 1963 und 1973 ausgegeben.
Fortbestand der Raiffeisenkasse Mariapfarr in Gefahr. Im Jahr 1954 häufen sich Hinweise der Revision auf Missstände in der Finanzgebarung, ein Ende der Bank kann knapp abgewandt werden. Erst die Bilanz des Jahres 1962 fällt wieder positiv aus, alle Schulden aus den verlustreichen Jahren waren getilgt.
Lagerhaus Mariapfarr. Im November 1953 wird durch die Eröffnung des Lagerhauses Mariapfarr eine langegehegte Absicht der Raiffeisenkasse verwirklicht. Geld- und Warengeschäft sind damit zwar formal getrennt, werden aber von einem Zahlmeister in Personalunion abgewickelt, was sich als nachteilig für die wirtschaftliche Entwicklung herausstellen wird.
Lawinenkatastrophe in Muhr. Eine Lawine zerstört die Höfe vgl. Lipp und vlg. Gfrerer in Hintermuhr. Auch der Aufsichtsratsvorsitzende der Raiffeisenkasse Muhr, Alois Grießner vgl. Rupp, wird von einer Lawine verschüttet – am Heimweg von einer Raiffeisenschulung in Tamsweg. Die Muhrer Chronik vermerkt dazu: „In treuer Pflichterfüllung für die Idee Raiffeisens hat sein Heimgang in den niedergegangenen Schneemassen ein jähes Ende gefunden.“
„Maschinenpark“ der Raiffeisenkasse St. Margarethen. Die Bank übernimmt die Maschinen der ehemaligen NS-„Aufbaugemeinde“ – eine kriegswirtschaftliche und agrarpolitische Maßnahme im Sinne der nationalsozialistischen „Blut und Boden“-Ideologie in der Zeit des Zweiten Weltkriegs – und ermöglicht es so den örtlichen Bauern, günstig Maschinen zu leihen: einen Traktor, eine Dreschmaschine, Pflug und Egge, eine Sämaschine, eine Mischmaschine sowie eine Kartoffeldämpfkolonne stehen zur Verfügung.
Die alte Einrichtung der Raiffeisenkasse St. Michael. Bei der Gründung im Jahr 1899 wurde neben einer Kasse und einem Firmenschild auch ein „stehendes Schreib-Pult mit zwei versperrbaren Laden“ angekauft, das vermutlich bis 1952 in Verwendung war, als die Bank ins Häuslbauer-Haus im Oberen Markt übersiedelt.
Aufnahme des Warengeschäfts in der „gleichgeschalteten“ Raiffeisenkasse Marienpichl (Mariapfarr). Ankauf eines Traktors mit gummibereiftem Anhänger, eines Zweischarpflugs, einer Scheibenegge, eines Düngerstreuers, eines Getreidebinders und einer Kartoffeldämpfkolonne: Gemeinsam mit dem Ankauf eines Hauses leeren diese Investitionen den Reservefonds der Bank und machen es überdies notwendig, ein Darlehen aufzunehmen.
Begehrlichkeiten des NS-Reichsnährstands. Wie auch in Tamsweg, so treten Vorstand, Aufsichtsrat und Zahlmeister der Raiffeisenkasse St. Michael zurück. Die Neuwahl erfolgt durch die Mitglieder der NS-Ortsbauernschaft. Diese ständische Organisation verfolgt als Teil der NS-Agrarpolitik partikulare Ziele und so beschließt die Bank den Ankauf eines Grundstücks für den Bau eines Lagerhauses, eines Traktors und mehrerer landwirtschaftlicher Maschinen sowie den Ankauf von Saatgut und Kunstdünger. Wohl wegen der mittelfristig wirtschaftlichen Fragwürdigkeit dieser Anschaffungen gibt es deswegen in einer der ersten Vollversammlungen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, so die Chronik wörtlich, „einen morz Stunk“.
Neuwahlen in Mariapfarr „aus politischen Gründen“. Zu den Umbrüchen in der Raiffeisenkasse Mariapfarr nach dem „Anschluss“ vermerkt die Chronik: „Bei den Neuwahlen kam es zu umfangreichen personellen Änderungen, die teils aus politischen Gründen erfolgten.“ Begründet in der kirchenfeindlichen Haltung des NS-Regimes wird der Ortsname und damit auch der Name der Raiffeisenkasse geändert: Aus dem „Spar- und Darlehenskassenverein für die Pfarre Mariapfarr“ wird die „Spar- und Darlehenskasse für Marienpichl“.
Gründung des Landesrevisionsverbands. Zur wirtschaftlichen Stabilisierung der Raiffeisenkassen wird der Salzburger Revisionsverband ins Leben gerufen, der jedoch schon im Folgejahr nach dem „Anschluss“ an das nationalsozialistische Deutschland aufgelöst wird. Stattdessen werden die Raiffeisenbanken zur „geräuschlosen Kriegsfinanzierung“ verwendet, so die Chronik des Landesverbandes, und mit der NS-Landesbauernschaft als Teil der Reichsnährstands verknüpft.
Brandhilfeverein Mariapfarr. Nach Vorarbeiten in den Gremien der Raiffeisenkasse Mariapfarr wird der „Feuerversicherungsverein für die Pfarrgemeinden Mariapfarr“ gegründet, zu dessen Obmann Alois Lankmayer gewählt wird, der zugleich Mitglied im Aufsichtsrat der Raiffeisenkasse ist. Bank und Versicherung arbeiten in weiterer Folge eng zusammen.
Missernte im Taurachtal. Eine außergewöhnliche Dürre hat massive Ernteausfälle zur Folge. Die Grummet- und Heuernte fällt vielerorts praktisch vollkommen aus, was in weiterer Folge den massenhaften Verkauf von Vieh notwendig macht. Um die Not etwas zu lindern, kauft die Raiffeisenkasse Mariapfarr 40 Tonnen Heu, das sie zu einem relativ günstigen Preis weiterverkauft.
Ob Kronen oder Schilling: Der Lohn wird „zur Kassa“ gebracht. Oftmals bringen Dienstbot*innen kurz nach Lichtmess ihren ganzen Jahreslohn „zur Kassa“, um es auf ihre Sparbücher einzuzahlen. Das Beispiel eines Einlagebuchs zeigt auch die Umstellung von Kronen auf Schilling im Jahr 1925: 4.562.300 Kronen entsprechen 456,23 Schilling.
Die Raiffeisenkasse Mauterndorf in der Krise. Die schwierige wirtschaftliche Lage im Ersten Weltkrieg und die darauffolgende negative Entwicklung der Wirtschaft lässt die Raiffeisenkasse Mauterndorf praktisch funktionsunfähig zurück: Zwischen 1922 und 1928 finden statutenwidrig keine Vollversammlungen statt, die wirtschaftliche Lage der Bank ist desolat. Nur durch Übernahme persönlicher Haftungen kann die Raiffeisenkasse Mauterndorf gerettet werden, erst der Rechnungsschluss des Jahres 1929 wird in der Chronik wieder als „sehr günstig“ beschrieben.
Heimsparen. Auch unter Kindern zunehmend bliebt wird das Heimsparen, bei dem in der Regel kleine Beträge in einer Sparbüchse gesammelt und einmal jährlich – am „Weltspartag“ – zur Bank gebracht werden. Der Allgemeine Raiffeisenverband wirbt 1929 erstmals mit Plakaten für diese Sparvariante.
Kaiserlicher Orden. Wohl nicht zuletzt wegen ihres Engagements bei der Gründung der Raiffeisenkassen im Lungau werden zwei leitende Mitarbeiter mit dem „Goldenen Verdienstkreuz mit der Krone“ ausgezeichnet, einem hohen Zivilverdienstkreuz der Monarchie: Pfarrer Alois Posch, Zahlmeister in Muhr, und Benjamin Francesconi, Aufsichtsratsvorsitzender in St. Michael.
Versteigerung des Besitzes eines Schuldners. Die Darlehen der Raiffeisenkassen Mariapfarr werden, wie auch andernorts üblich, meist durch Bürgschaften besichert, Sicherstellungen durch Hypotheken sind eher selten. Dennoch muss im Jahr 1912 erstmals der Besitz eines Schuldners versteigert werden, der den Zahlungsverpflichtungen nicht nachgekommen war.
Gründung der Raiffeisenkasse Mauterndorf. Erster Obmann des „Spar- und Darlehenkasseverein“ ist der Bäcker, Brauer und Gastwirt Peter Binggl, erster Zahlmeister der Kaufmann Josef Lettmayer. Das Kassalokal befindet sich in einem Nebenraum des Kaufhauses von Johann Wassernig, der auch Aufsichtsratsvorsitzender ist. Die Kassastunden finden sonntags nach der Messe statt.
Konsumverein Tamsweg. Direkt im Anschluss an die Vollversammlung der Raiffeisenkasse der Tamsweger Landgemeinden beschließen die anwesenden Personen die Gründung des Konsumvereins (später: 1. Lungauer Wirtschaftsverein). Ziel ist es, Lebensmittel, landwirtschaftliche Maschinen und Dünger günstig einzukaufen und ebenso an die Bauern abzugeben.
Ein gemeinsames Ziel. Die drei zu diesem Zeitpunkt eigenständigen Raiffeisenkassen Muhr, St. Michael und St. Margarethen verfolgen ein gemeinsames Ziel: Durch Großeinkäufe sollte es möglich werden, Lebensmittel wie z.B. Mehl für die Mitglieder günstiger abzugeben. Die Banken sind damit im Warengeschäft tätig – ein Geschäftsbereich, der später den Lagerhäusern übertragen wird.
Gründung der Raiffeisenkasse St. Michael als „Spar- und Darlehenscassenverein der Markt- und Landgemeinde St. Michael“. Die Marktgemeinde St. Michael und die Landgemeinden St. Martin, Höf, Unterweißburg und Oberweißburg beschließen die Gründung der Bank. Die Marktgemeinde und die Landgemeinden sind zu gleichen Teilen in Vorstand und Aufsichtstrat vertreten.
Sparer*innen mit kleinen Spareinlagen. Unter den ersten sechs Spareinlagen, die an der Raiffeisenkasse Mariapfarr eingezahlt werden, befinden sich mit Margarete Fuchs (Jaggei), Rosina Fingerlos (Ernst), Anna Bogensperger (Hansal) und Maria Müller (Passegger) vier Frauen. Generell ist festzuhalten, dass viele Dienstbot*innen mit relativ kleinen Spareinlagen nicht unwesentlich zur Kreditfinanzierung beitragen.
Gründung der Raiffeisenkasse Mariapfarr. „60 aufgeschlossene Männer und Frauen unserer Heimat“ gründen laut Chronik den „Spar- und Darlehenskassenverein für die Pfarre Mariapfarr“, womit das Gebiet der Gemeinden Mariapfarr, St. Andrä, Göriach, Zankwarn, Pichl, Weißpriach und Steindorf umfasst ist. Erster Obmann ist August Wiesenegger vgl. Veit, Zahlmeister Kooperator Andreas Süß. Das Kassalokal ist bis 1925 im Erdgeschoß des Örglwirts. Auffällig ist, dass mit der Postmeisterin Aloisia Lankmayer erstmals eine Frau unter den (insgesamt sechzig) Gründer*innen einer Raiffeisenkasse im Lungau genannt wird.
Gründung der Raiffeisenkasse Tamsweg.
Bauern aus den Tamsweger Landgemeinden Haiden, Lasaberg, Mörtelsdorf, Sauerfeld und Wölting gründen den „Spar- und Darlehenskassenverein für die Landgemeinden von Tamsweg“. Initiator der Gründung ist Kooperator Gerhart Seggert, erster Geschäftsführer bis 1926/27 sowie Zahlmeister ist der Seetaler Oberlehrer Anton Guggenberger.
Neuer alter Obmann in St. Michael. Anton Rieberer, der bereits von 1923 bis zum „Anschluss“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich im Jahr 1938 Obmann der Raiffeisenkasse St. Michael war, wird 1945 von den alliierten Befreiern wieder als Obmann eingesetzt. In der Jahreshauptversammlung 1946 gibt es kaum wählbare Kandidaten: manche sind noch in Kriegsgefangenschaft, anderen droht in den Entnazifizierungsverfahren eine Einstufung als „belastet“, was sie nicht wählbar macht. Anton Rieberer wird von den 19 anwesenden Mitgliedern (von 136) als Obmann gewählt und übt dieses Amt bis zu seinem Tod 1948 aus.
Neuwahlen in Tamsweg unter Vorsitz des NS-Ortsbauernführers. In der ersten Vollversammlung der Raiffeisenkasse Tamsweg nach dem „Anschluss“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland treten der Zahlmeister und der Obmann zurück. Unter dem Vorsitz des Ortsbauernführers wird ein neuer Vorstand und Aufsichtsrat gewählt: Damit wird die Raiffeisenkasse „gleichgeschaltet“ und den Zielen nationalsozialistischer Wirtschaftspolitik unterworfen. Im Sinn der Ortsbauernschaft wird der Warenverkehr aufgenommen sowie ein Kartoffelroder, eine Kartoffeldämpfanlage und ein Holzgasgenerator angekauft.
Konkurrenz. „Marktbürger“ in St. Michael wechseln die Bank, die Landbevölkerung verbleibt bei der Raiffeisenkasse: Mit der Einführung des Tagesverkehrs wird die Sparkasse in Tamsweg insbesondere für Gewerbetreibende in St. Michael zunehmend attraktiver, die Chronik vermerkt „eine gewisse Abwanderung“ der Kund*innen nach Tamsweg. Es ist in dieser Zeit vor allem die bäuerliche Bevölkerung aus den Landgemeinden, die der Raiffeisenkasse mit Spareinlagen die Treue hält. Als die Tamsweger Sparkasse später einen wöchentlichen „Amtstag“ in einem Gasthaus in St. Michael anbietet, wird diese Entwicklung fortgeführt.